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von

 

Reginald Lanira

 

 

<Moderner Elf, mittelgroß und asketisch (figürlich), sucht Elfin, gerne proper, zum durch die Wälder streifen und Liebeszauber wirken.>

 

*

 

Der Mann und die Frau begegneten sich zum ersten Mal vor ungefähr vier Wochen in einem Biergarten. Der Anlaß für ihr Zusammentreffen war eine Anzeige in einem Magazin gewesen. Sie hatte ihm darauf einen beeindruckenden Brief geschrieben. Der Abend begann vielversprechend und war harmonisch bis in die späte Nacht verlaufen. Auf das erste Treffen folgten weitere, bei denen sich die Beiden Schritt für Schritt näher kamen. Bis . . .

 

*

 

Der Sommertag war heiß. In den frühen Abendstunden verwandelte sich die trockene Hitze langsam in eine feuchte Schwüle, die den Schweiß selbst beim Nichtstun auf die Haut trieb. Die Beiden hatten sich für diesen Tag verabredet. Spontan beschließen sie eine Decke aus dem Wagen zu nehmen und sich ein ruhiges Fleckchen zu suchen. Es dauert nicht lange und das Paar findet ein lauschiges Plätzchen inmitten einer dicht bewachsenen Gruppe alter Bäume. Sie brauchten einige Zeit um sich einen Weg durch das Dickicht zu Füßen der hochgewachsenen Stämme zu suchen, doch dann stehen sie auf einer Lichtung die geradezu zum verweilen einlädt. In den dicht bewachsenen, grünen Kronen unterhalten sich leise und melodiös die verschiedensten Vögel. Hin und wieder kommt ein Kaninchen aus dem Unterholz gesprungen, verweilt einige Augenblicke in den Lichtkaskaden der sinkenden Sonne und verschwindet dann genauso schnell wieder, wie es gekommen war.

Der Ort hat etwas besonderes an sich. Eine Atmosphäre die man in der freien Natur nur noch sehr selten findet. An solchen Orten wirkten vor Jahrhunderten Druiden ihre Zauber und gingen ihren mystischen Riten nach. Hier wurden Götter angebetet und ihnen Opfer dargebracht. Zu späteren Zeiten versammelten sich auf ähnlichen Lichtungen Hexen und Hexer um der dunklen Kunst zu huldigen.

 

„Der Platz hat was, Süßer.“ Die schlanke ‚Elfin‘ erforscht die kleine Wiese während ihr Begleiter inmitten von Gräsern und Blumen die Decke ausbreitet.

„Hier sind wir ungestört. Genau der richtige Ort um einen Zauber zu wirken.“

„Hattest du an einen bestimmten gedacht? Welche Macht willst du beschwören?“ Wenige Augenblicke später zieht sie die Sandalen aus und räkelt sich auf die Decke.

„Ich dachte an einen Liebeszauber. Dazu brauche ich aber deine Hilfe.“

„Meine Hilfe?“

„Ja. Die Zutaten trage ich alle bei mir. Mir fehlt nur noch ein Wesen das aus freien Stücken bereit ist sich zu opfern.“ Sein Mund umspielt ein Lächeln als er sie schelmisch anblickt.

„Hat diese Beschwörung oder das angewandte Ritual, auch einen Namen?“ Langsam beginnt die Frau zu Verstehen, worauf ihr Begleiter hinaus will.

„Sex!“

„Und welche Mächte willst du damit herbeirufen?“

„Die Macht der Liebe. Die Macht des weiblichen Höhepunktes. Ich nehme an du hast diesen Zauber schon kennen gelernt? Es gibt verschiedene Varianten um ihn auszuführen. Bevorzugst du eine davon?“

„Am liebsten <zärtlich liebevoll>. Welche Zutaten hast du denn mitgebracht?“

„Lippen, Zunge, einen Gummi, meine Hände und natürlich das Wichtigste – das Schwert der Lust.“ Langsam bringt seine Rechte ein schwarzes Quadrat zum Vorschein und platziert es am Rand der Decke.

„Ich kenne diesen Zauber und auch einige der Riten. Aber da ich ihn noch niemals zusammen mit dir wirkte, bin ich etwas unsicher. Erklärst du mir deine Vorgehensweise und was ich als Opfer dabei zu tun habe?“ Ihre Frage gehört mit zur Zeremonie und beweist dem ‚Elf‘, das seine Partnerin kein unbeschriebenes Blatt in Sachen Liebesmagie mehr ist.

„Dein Part ist es, dich langsam zu entkleiden und in völliger Nacktheit auf dieser Decke auszubreiten. Zu Beginn des Ritus werde ich dich mit Berührungen und Küssen in einen  Trancezustand versetzen, bis dein Körper vor Erregung und Verlangen bebt.“ Der Blick des ‚Magiers‘ streichelt sanft ihre üppige Gestalt. „Ab diesem Zeitpunkt beziehe ich das gummibewehrte Schwert mit in die Magie ein. Ich lasse es in seine Scheide gleiten und vollführe den Zauber, bis das Ritual zu seinem Höhepunkt gelangt und die Mächte beschworen und gütig gestimmt sind.“

 

 

Die Götter und Mächte wurden erfolgreich beschworen. Doch die mächtigste aller Mächte versagte den beiden ihre Gunst.

 

Das Paar trennte sich nach Ende der Zeremonie und beide gingen ihrer eigenen Wege.

 

  

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