Tales
From The Underground Höhlen von
Reginald Lanira Die Sonne strahlt ungetrübt vom tiefblauen,
sommerlichen Nachmittagshimmel über dem in tiefem grün gekleideten
Rothaargebirge. Die schwache, angenehme Brise zwischen den Bäumen läßt
die Blätter sanft im Wind wiegen und sie hier und da auch rascheln. Hin
und wieder flitzt ein aufgescheuchtes Eichhörnchen über den schattigen
Waldweg, daß sich am nächsten Baum korkenzieherartig in die Sicherheit
der Krone schraubt. Die Wanderung der drei jungen Männer geht nun
schon in die sechste Stunde und den paarundzwanzigsten Kilometer. Am
morgen waren sie nach einem ausgiebigen Frühstück losmarschiert und um
die späte Mittagszeit eingekehrt, um eine ordentliche warme Mahlzeit zu
sich zu nehmen. Nun befinden sie sich auf dem letzten Stück ihres
Weges. Stefan Knierplitz, der größte und gleichzeitig
schlaksigste, wird schon seit geraumer Zeit von seiner Blase darauf
aufmerksam gemacht, das es mal wieder an der Zeit wäre sie zu
entleeren. Deshalb verschwindet der Bursche kurzerhand in einem
nahegelegenen Gebüsch, das seine Gestalt vollständig verschluckt. Die
Zurückgebliebenen hören wie er sich geräuschvoll durch das dichte
Unterholz arbeitet, auf der Suche nach einer freien und doch vor Blicken
gut geschützten Stelle, einige dutzend Meter abseits des Weges. Diese
Mindestentfernung diktiert ihm sein übersensibles Schamgefühl. Der Schlaks schließt mit einem Ruck und leisem
Ratsch den Reißverschluß, kommt erleichtert lächelnd hinter seinem
Baum hervor, als er völlig unerwartet beim nächsten Schritt den Boden
unter den Füßen verliert und sich nach einigen Sekunden in einem
Haufen trockenen, moosdurchsetzten Laubes wiederfindet. Annähernd vier
Meter über ihm endet das kreisrunde, dunkle, etwa einen Meter
durchmessende Erdloch im moosigen Waldboden. * Seit Stefans verschwinden sind gut fünf Minuten
ins Land gegangen und seine Gefährten werden langsam aber sicher
ungeduldig. <Wo der alte Trödler nur wieder bleibt. Solange kann
doch einmal austreten nicht dauern.> Bernd Hübner sucht sich einen
größeren Stein am Wegesrand und versucht es sich so gut wie irgendmöglich
darauf bequem zu machen. <Vielleicht ist sein Geschäft größer
ausgefallen als angenommen. Geben wir ihm noch fünf Minuten.> Nach
diesen Worten schlägt sich der dritte im Bunde, Hainz Kwietkowski,
ebenfalls in die Büsche. Gut zehn Minuten nach dem Abbiegen ihres Freundes
wandelt sich die Ungeduld in Sorge. Sie brechen sich wild entschlossen
den Kumpel zu finden, Bahn durch das dicht wuchernde Gebüsch, auf die
Stelle zu, von der sie annehmen sein letztes Geräusch vernommen zu
haben. Stefan scheint vom Erdboden verschluckt worden zu sein. * Zu Stefans erstaunen wühlt er sich unverletzt, über
und über von Blättern bedeckt, aus seinem natürlichen Landeplatz. Es
vergehen einige Augenblicke bis sich seine Augen an die herrschenden
Lichtverhältnisse gewöhnt haben, dann jedoch kann er erkennen wohin es
ihn verschlagen hat. Er war durch einen mit Gras und allerlei Wildkräuter
bewachsenen, morschen Holzdeckel gebrochen, der die Fallgrube wohl vor
allzu neugierigen Blicken schützen sollte. Die geborstenen Überreste
liegen nun zu seinen Füßen zerstreut im Laub. Der Mittzwanziger steht
in einem künstlich angelegten Erdloch von recht beachtlichen Ausmaßen.
Es besitzt eine, sich nach oben verjüngende Kegelform, mit einem ungefähren
Bodendurchmesser von gut und gerne zwei Meter fünfzig. Annähernd vier
Meter über seinem Haupt fällt das Tageslicht durch den kreisrunden,
schätzungsweise einen Meter messenden Ein- bzw. Ausgang. Die Wand ist
nur unzureichend von den gröbsten Unebenheiten befreit worden,
ansonsten ist sie gleichmäßig schroff, die Wurzeln der nahestehenden Bäume
und Büsche hängen aus dem dunklen, erdig duftenden Waldboden. Wie lange wird es wohl dauern bis seine Freunde ihn finden? Und dann? Wie sollen sie eine vertikale Distanz von gut und gerne vier Metern überwinden? Werden sie ihn überhaupt finden? Und wenn nicht? Wieviele Stunden würde er aushalten ohne durchzudrehen? Fragen überschlagen sich und purzeln hilflos durch sein überstrapaziertes Gehirn. * <He
Stefan, was machst du denn da unten? Komm doch da raus.> Knierplitz
ist heilfroh Hainz‘ Stimme zu hören. <Hast
du deine Brille auf oder machst du wieder einen auf Hörspiel? Hat einer
von euch Chaoten eine Taschenlampe?> <Ich
habe die Brille auf der Nase, sehen kann ich dich aber trotzdem nicht.
Warte, ich mache mal Licht.> Der Herr Kwietkowski friemelt eine
MiniMaglite aus einer seiner unzähligen Hosentaschen und hält den
Lichtstrahl am ausgestreckten Arm in die Erdhöhle. Dabei streifen die
Wellenteilchen eine in die Wand eingelassene Holzleiter. <Warum
stehst du eigentlich noch da unten?> <Fischkopp.
Wir können ja mal tauschen.> Aus den Augenwinkeln heraus nimmt er
ein ungewöhnliches Schattenspiel war und läßt sich daraufhin die
Taschenlampe fallend zukommen. Im warmen Schein des
beleuchtungsspendenden Wolframfadens tut sich ein muffig riechender Gang
auf. Stefan verschlägt es fast die Sprache. Von der
niedrigen Decke hängen bis zu fünfzig Zentimeter lange Wurzeln, der
Gang ist nicht abgestützt und am Boden wimmelt es vor tausenderlei
Geviehchs. Neben Kellerasseln blinden sich Maulwürfe durch die Gegend,
Spitzmäuse tun sich an Tausendfüsslern gütlich, Regenwürmer winden
sich an Schnecken vorbei und Spinnen liefern sich Wettrennen mit
Schaben. * Die drei Freunde krabbeln nach schier endlos
anmutenden siebzig Metern dreckverschmiert aber glücklich aus dem
verwinkelten, etwa einen Meter auf einen Meter zwanzig messenden Tunnel
und treten auf eine von etwa mannshohen Büschen bewachsene Anhöhe
hinaus, auf der sie von einem atemberaubenden Panorama erschlagen
werden. Hinter dem dichten Pflanzenbewuchs entfaltet sich
eine riesige Grotte, in deren Mitte sich ein kleines Dorf in eine
Bodenmulde schmiegt. Schwache Rauchfahnen steigen fast senkrecht zur Höhlendecke
empor. Der Höhlenboden steigt sanft zu den schroffen, gewölbten Wänden
hin an, mit einigen Hügelrücken und talähnlichen Einschnitten in der
Ferne, die dicht mit unterschiedlichen Baumarten, Nadel- neben Laubbäumen,
bewachsen sind. Der Felsendom erstreckt sich über mehrere Kilometer in
die dunstige Ferne, die im dunstigen Zwielicht nur mehr zu erahnen ist. Es herrscht ein diffuses Licht, als wäre der
Planet Erde in der Dämmerung eines wolkigen morgens hängengeblieben.
Das Sonnenlicht wird durch das klare, kalte Wasser eines Kratersees mit
kristallinem Boden gefiltert. Den Himmel bildet das lichtdurchlässige
Kristallquarz des Sees. Die Höhle muß vulkanischen Ursprunges sein,
eine ehemalige Magmakammer, die vor Jahrtausenden erkaltet war. Die
wegen der hohen Feuchtigkeit dunstige Atemluft duftet frisch und klamm
nach der herbstlichen Waldluft des darüberliegenden Gebirges. Aus einem der weit entfernten Felsmassive ergießt
sich mit leisem Rauschen ein mächtiger Wasserfall in einen träge
dahinströmenden Fluß, der mehrere hundert Meter hinter dem Dorf in
einen, in vereinzelten Sonnenstrahlen glitzernden, idyllischen See mündet.
Ein feiner Wolkenschleier schwebt tief über den zu Tal stürzenden
Wassermassen, verbindet sich nahtlos mit dem restlichen Dunst. Die Freunde staunen nicht schlecht über dieses
unerwartete, grandiose Naturschauspiel. Sie beschließen etwa eine
Stunde das Terrain zu sondieren und dann in ihre Welt zurück zu kehren,
wobei sie sich einig sind, das Dorf unter allen Umständen zu meiden. * Durch die Büsche windet sich ein schmaler Pfad,
den die drei mehr zufällig entdecken und sich auf ihm daran machen
tiefer in die Höhle hinabzusteigen. Sie bewegen sich leise und
vorsichtig durch das urwüchsige Terrain, um die unbekannte Fauna nicht
zu sehr aufzuschrecken und die Bewohner aufmerksam zu machen. Nach
einiger Zeit pausieren die Wanderer an einem kleinen Bachlauf von dessen
Wasser sie sich erfrischen und beschließen dem Lauf zu folgen. Wenige Meter später vernimmt Bernd, über dem
sachten Gurgeln des Wassers, einen leisen melodiösen Gesang, der ihn
aufhorchen und seine Kameraden zur Vorsicht ermahnen läßt. Dennoch wären
sie beinahe einer Gruppe diskutierender, hochgewachsener Frauen
undefinierbaren Alters in die Arme gelaufen, die einen guten dutzend
Meter hinter einer unübersichtlichen Stelle des Baches ihre Wäsche
waschen. Die Frauen tragen ausnahmslos einfache Kleider, die ihre
Weiblichkeit noch besser zur Geltung bringen. An einem handbreiten,
ledernen Gürtel baumelt ein gerader Dolch von ihren Hüften. Die Füße
stecken, trotz der frischen Temperaturen unbestrumpft, in halbhohen
Lederschuhen. Drei der sieben haben sich die vollen, über die Schultern
fallenden Haare im Nacken zum Zopf zusammengebunden. Unvermittelt löst sich eine der Frauen aus der
Gruppe und kommt geradewegs auf das Versteck der drei zu, bleibt wenige Meter davor stehen und spricht in einer völlig
unbekannten, melodischen Sprache in ihre Richtung. Als sie nach fast
einer Minute keine Antwort erhält, versucht sie auf eine andere Art und
Weise nocheinmal sich verständlich zu machen. * Die Bewohner führen die jungen Leute nach ihrer
Ankunft in das größte der massiven Holzhäuser, das aus nur einem
saalartigen Raum besteht. Dort wird jedem ein Platz an der großen Tafel
zugewiesen, deren Plätze schon fast alle besetzt sind. Stark rußende
Kerzen aus ranzigem Tierfett erhellen die Runde mit ihrem warmen Schein.
Bernd zählt zu beiden Seiten je vierzehn Personen und eine an der
Stirnseite. In jeder Ecke des Saales steht bewegungslos ein Mundschenk,
der seinen Teil der Tafel mit Wein zu versorgen hat. Der rechteckige,
gut zehn Meter lange Tisch quillt fast über von den vielen köstlich
aussehenden Speisen. Mit
einer kurzen Handbewegung werden die drei dazu aufgefordert sich davon
zu bedienen und an deren Geschmack zu laben. Kein Wort wechselt während
des Mahles die Runde. Stefan fällt auf, das wesentlich mehr Frauen am
Tisch vertreten sind. Was ihm noch auffällt sind die spitzen Ohren, die
frech zwischen den langen Haaren hervorlugen. Die neugierigen Blicke der
Damen bleiben ihm noch unergründlich. * Telepathie
!!! Die Elfen verständigen sich durch telepathischen
Kontakt! Schon beim ersten Zusammentreffen hatten sich fremde Gedanken
in ihre Köpfe geschlichen und durch die Gehirnwindungen, an den kleinen
grauen Zellen vorbei, bis hinter die Stirn vorgearbeitet. Seltsamerweise
verstehen die drei Sinn und Wortlaut jedes Gedankens, obwohl ihre
Gastgeber kein Wort deutsch sprechen und sie selbst kein Wissen über
die elfische Sprache besitzen. (Anm. des Verfassers: Daraus läßt sich
leicht die Frage ableiten, wie denkt ein Lebewesen. In der Muttersprache oder allgemeinverständlich?)
Das es sich dabei um Gedankenübertragung handelt hatte sich ein jeder
schon gedacht, die endgültige Bestätigung erhalten sie jedoch im Hier
und Jetzt. Es ist nicht anders als auf der Oberfläche auch.
Alle denken durcheinander und versuchen eine Antwort auf die gedachten
Fragen zu erhalten, während die Gäste redlich versuchen auf alles eine
klare Erwiderung zu finden und nebenbei ebenfalls Antworten und
Informationen zu sammeln. Und nun, nach dem Ende des Bankettes erfahren sie die komplette Geschichte des mysteriösen Volkes aus den Gehirnwindungen der Schamanin. * Die überlieferte Geschichte des Elfenvolkes
beginnt zum Ende des 5. Jahrhunderts nach Christi Geburt, als diese für
kurze Zeit aus dem Dunkel der Geschichte ans Licht drängen. Es handelt
sich um einen Stammessplitter der fränkischen Merowinger unter ihrem König
Chlodwig, der sein Volk zu einer Macht unter den westeuropäischen Stämmen
führt, die sie für die Geschichtsschreibung untilgbar macht. Er ist der Begründer des Frankenreiches, der sich
um 496/497 aus machtpolitischen Interessen zum römisch-katholischen
Glauben bekennt und 498 die heilige Taufe vom Bischof Remigius von Reims
empfängt. Ein Jahr später beginnt die Verfolgung der Elfen infolge der
Intoleranz König Chlodwigs des arianischen Christentums gegenüber, und
des Festhaltens ihres angestammten Glaubens. Die Stammesgruppe, die etwa
tausend Mitglieder zählt, versucht um 501 den immer stärker werdenden
Repressalien durch Flucht über die Reichsgrenze zu den benachbarten
Sachsen zu entgehen. Im Sommer des gleichen Jahres überfallen die
Truppen des Königs den Treck und reiben ihn fast vollständig auf. Dem
nächtlichen Massaker entkommen nur achtundvierzig Leute, dreiunddreißig
Frauen und fünfzehn Männer, die sich in eine nahegelegene, gut
verborgene Höhle flüchten können, die ihre Kundschafter tagszuvor zufällig
entdeckt hatten. Seitdem leben völlig autark von der Außenwelt etwa
einhundert Elfen in der rießigen Höhle. Die Grotte besitzt eine eigene, über die
Jahrunderte hinweg stabile Biospähre, wie sie nirgendwo sonst zu finden
ist. Auf Grund dessen haben sich hier einige Pflanzen- und Tierarten
erhalten können, die auf der Oberfläche schon seit Jahrtausenden
ausgestorben sind. Es gibt dort keine Jahreszeiten wie wir sie kennen,
sondern nur sogenannte "Kalt- und Warmzeiten". Die
Temperaturen schwanken zwischen +5° und +19°Celsius. Sobald die Tage kürzer
werden und die hier beheimateten Zweibeiner Socken an ihre Füße ziehen
müßen beginnt die Kaltperiode. Die Dämmerung, der Übergang vom Tag
zur Nacht dauert in der Höhle nur einige wenige Minuten. Die weiblichen Elfen können nur einmal in ihrem
Leben schwanger werden und gebären dann auch nur ein einziges Kind.
Ihre Pubertät beginnt im zarten Alter von nur elf Kaltperioden, in der
sie von ihren eigenen Eltern in die Sexualität praktisch eingeführt
werden. Der Vater verführt die Tochter, die Mutter den Sohn. Jeder
liebt körperlich jeden, Elfen hetero, Elfinnen bi, aber alle Bewohner
besitzen nur einen festen Lebenspartner, dem sie ein Leben lang
"treu" sind. Die Elfen führen ein sehr lustbetontes Leben
wegen der schwierigen, langwierigen Aufzucht des Nachwuchses in der
kleinen Gruppe. Der Alterungsprozess bis zur maximalen Lebenserwartung
von fünfzig Jahren, ist den Bewohnern nicht im geringsten anzusehen. Aus den Schwierigkeiten bei der Fortpflanzung
resultiert eine pädophile und inzestiöse Gesellschaft. Das
Matriarchat, die Herrschaft der Frauen begründet sich auf die zahlenmäßige
Überlegenheit zu Beginn der Besiedlung und der emotionalen, sowie
geschlechtlichen Stärke der elfischen Frau. Es ist eine primitive
Gesellschaft, mit einer ebenso primitiven Zeitrechnung, die nur Kalt-
und Warmzeiten unterscheidet und danach ihre Felder bestellt. Mit den Jahren in der Abgeschiedenheit verschwand
der Arianismus immer mehr im Dunkel der Zeit und wandelt sich, durch die
aufgezwungenen Lebensbedingungen über die Jahrhunderte, in eine
heidnische Naturreligion in der die Magie eine Renaissance erlebt, die
bis zum heutigen Tag anhält. Die Magie und der Naturschutz spielen in
dieser schamanistischen Glaubensform die übergeordnete Rolle. Mutter
Natur ist Gott, die Elfen nur ihre Diener. Die magiebeherrschende
Schamanin besitzt die Stammesführerschaft und die Rolle der
Glaubensbewahrerin zugleich. Ihr Totem ist Schlange. Als ein Zeichen der
Ehrerbietung nimmt sie dessen Namen an. Schlange ist ein sehr geheimnisvolles Totem, das
seine wirkliche Macht nur sehr zögerlich an seine Gefolgsleute
preisgibt. Erweißt sich ein Schüler jedoch als treu und seinem Totem
verbunden wird er zu einem der mächtigsten Schamanen des Universums.
Schlange ist die beste Ratgeberin die ein Magiebenutzer sich wünschen
kann, die im Kampf die Sinne der Gegner verwirrt. Darauf bedacht die
Umwelt nicht zu zerstören, entwickelt sie erstaunliche Fähigkeiten,
die sie als wandlungsfähiges und täuschungsgeschicktes Wesen ausweist.
Viele Ebenen des Schlangen-Schamanismus öffnen sich erst nach Jahren
und Jahrzenten des intensiven Lernen und Studierens jeder Nuance dieses
Totems. Illusions- und Tarnzauber gehören ebenso in ihr
Repertoire wie Kampf- und Regenerationszauber von Mensch und
Natur. Ein weiterer, wichtiger Bestandteil Schlanges Macht ist die Kraft
jedweden Naturgeist zu beschwören und in ihre Dienste zu zwingen. <So leben wir nun seit ewigen Zeiten in dieser
uns gegebenen eigenen Welt, weit abgeschieden von den Menschen und ihren
Kämpfen. Bis zu dem Zeitpunkt der meinem Volk als Ende bestimmt
ist.> Schlanges fesselnde Erzählung endet in den frühen
Morgenstunden, während sich ein Großteil der Bewohner schon im Schlaf
für den bevorstehenden Tag rüstet. * Unausgeschlafen und mit vom Wein schwerem Schädel
fallen die Freunde aus ihren Kojen, geweckt vom albernen Gekicher
mehrerer Mädchen. Nach der Morgenhygiene nehmen sie ein liebevoll
angerichtetes, ausgiebiges Frühstück zu sich. Die Jungs werden von den
Damen, die sich als Ygerna, Uchdryd und Trwyth vorstellen, in jeder
Hinsicht von vorne bis hinten bedient. Schlange hatte die Mädchen angewiesen mit dem
Besuch aus der anderen Welt einen kleinen Exkurs durch ihr eigenes Reich
zu unternehmen und ihm die Schönheit der Höhle näherzubringen. Die
kleine Gruppe ist nun auf einem Pfad unterwegs der sie auf Umwegen an
den Rand des Sees bringt, den sie nach einer halben Stunde Fußmarsch
erreichen. Im klaren Wasser tummeln sich vergnügt prustend
und pudelnackt mehrere Dorfbewohner. Sie winken den Ankommenden
ausgelassen zu sich doch zu ihnen ins kalte Wasser zu gesellen. Die
elfischen Schönen sind sofort von dieser Idee begeistert, springen fröhlich
aus den Gewändern und plantschen in null komma nix ebenfalls im See.
Angesichts soviel weiblicher ungezwungener Nacktheit sind Bernd, Hainz
und Stefan ein wenig irritiert und fühlen sich gar nicht wohl in ihrer
Haut. Noch weniger als sie gewahr werden wie sich ein Pärchen nur
wenige Meter entfernt ungeniert in die Büsche schlägt. Octha, Maelgwn, Sgilti und ihre Begleiterinnen
versuchen die ratlos am Ufer Stehenden mit Gesten und Gedanken ebenfalls
aus den Klamotten und ins Nass zu locken. <Ja Kinners, sollen wir so tun? Oder lieber
doch nicht?!> Unentschlossen wie eh und je stellt Hainz die alles
entscheidende Frage. <Und ... und wenn die nun gar nicht wollen. Der
Rest lyncht uns doch!> Hübner kann sich wieder mal nur über seine
Kumpels wundern. Er verdreht theatralisch die Augen und wendet sich dem
Wasser zu. <Macht doch was ihr wollt. Ich gehe jetzt baden.> Der
Bursche entledigt sich seiner Textilien und läuft lachend in den klaren
See. Das Wasser ist doch um einiges kühler als er erwartet hatte.
Langsam läuft ihm eine Gänsehaut über den Rücken und die Arme. Um
nicht zu frieren taucht Bernd kompltt unter und schwimmt zu den sich
vergnügt im Gewässer tummelnden Elfen. Als er dort prustend wieder
auftaucht, sieht er gerade noch, wie seine beiden Freunde ebenfalls ins
kühle Nass stürmen. Die beiden Nachzügler werden zur Begrüßung gleich
zünftig untergetaucht. Aus diesen Spielchen entwickeln sich weitere
einander näherbringende Späße und Neckereien,
bis einer der Anwesenden den Vorschlag macht ein wenig zu
schwimmen. Gemeinsam schwimmt die Gruppe zu einem mit üppigem Grün
bewachsenen Eiland. Etwa 10 1,7 Meter vom Ufer entfernt geben
die Elfinnen vor erschöpft zu sein und klammern sich an die Männer.
Schon vorher waren sich die Geschlechter körperlich nahe gekommen, aber
diese Hilfestellung stellt
alles vorangegangene in den Schatten. Während die Herren der Schöpfung
Wasser treten, umschlingt die holde Weiblichkeit ihre Objekte der
Begierde mit den Schenkeln und küßt sie zärtlich. Fast unbemerkt baut
sich eine gewisse Art von Spannung über den Köpfen der Pärchen auf.
Mit einem Mal erfasst die jungen Leute eine kribbelnde Erregung die nach
wenigen intensiven Küssen in ein bis dahin unbekanntes Verlangen
ausufert. Die Liebenden versuchen schnellstmöglich an den Strand zu
gelangen. * Die Tage und Nächte vergehen wie im Fluge. Die
immer mindestens sechs Schönheiten zählende weibliche Gesellschaft kümmert
sich aufreizend um die jungen Herren. Die Zeit ist mit opulenten
Banketten, langen Spaziergängen, dauerhaften Eroberungen (von
weiblicher Seite), wilden Liebesabenteuern, ekstatischen Nächten,
erotischen Schwimmunterrichten, wollüstigen Orgien und überschwenglichen
Festen mit uralten, folkloristischen Tänzen angefüllt. Schlange ist
eine herausragende Gastgeberin die es gekonnt versteht ihren Gästen
alle Annehmlichkeiten zu bereiten. Der Teint der Damen wird indes immer rosiger, die
Kleider immer gewagter, die holde Weiblichkeit immer aufregender und schöner.
Die Gesichter der Lebensgefährten jedoch seit der Ankunft unserer
Anti-Helden, immer länger und mürrischer, da diese immer weniger
Beachtung finden und nicht mehr zum Zuge kommen. Bei den Herren der Schöpfung
macht sich der erste Unmut breit, doch wagt es noch niemand lautstark
gegen Schlanges Entscheidungen zu intervenieren. * Auf einem ihrer ausgiebigen Wanderungen waren sie
bis an das entgegengesetzte Ende der Höhle vorgedrungen. Mit jedem
weiteren Meter den sie zurücklegten, wurden ihre Begleiterinnen
zusehends unruhiger und beobachteten nervös die Umgebung. Sie drängten
ihre Gäste förmlich zur Umkehr. Angesichts diesen Verhaltens wurde die
Neugier der drei Jungs geweckt und sie gingen langsam und vorsichtig
weiter. Dieser Teil der Höhle war schlecht beleuchtet und Einzelheiten
verschwammen vor dem unangepassten menschlichen Auge. Die Gruppe bewegte
sich langsam aber stetig vorwärts als ein schriller Schrei die Stille
durchschnitt. Noch ehe die Männer wußten was vor sich ging, waren die
Elfinnen bereits um die soeben von Ygerna entdeckte halberweste Leiche
versammelt und murmelten in ihrer Sprache miteinander. Das Knochengerüst hat entfernte Ähnlichkeit mit
dem menschlichen. Es ist etwa einhundertvierzig Zentimeter lang und
wesentlich kräftiger gebaut. Die angewesten Fleischreste auf dem
Skelett passen zu keinem der ihnen bekannten zweibeinigen Spezies. Auf
dem Schädel klebt dichtes schwarzes Haar. Alle Hautpartien sind stark,
fast pelzähnlich behaart. * Die Schamanin empfängt in ihrer Hütte die Gäste.
Sie hat ihnen etwas mit zu teilen. Etwas, das mit dem Geschehen des
Tages eng in Verbindung steht. Nun, ... ihr
habt die Leiche gesehen. Ihr werdet euch Gedanken darüber gemacht
haben. Ja,
es gibt noch eine zweite intelligente Art in dieser Höhle: Schrate.
Aber nicht seit alters her. Erst seit gut fünfzig Jahren. Seitdem ihr
Menschen unsere Umwelt bis in den entlegensten Winkel erforscht. Es
blieb nicht aus, daß vor euch schon andere Menschen hier waren und noch
sind. Es sind jene, die versuchten uns zu hintergehen und aus der Höhle
zu entkommen. Laßt euch die Leiche eine Warnung sein. Die Macht der
Schlange ist größer als mancher an zu nehmen vermag. Copyright © 1997 Holger Kuhn Dietesheimer Str. 400 63073 Offenbach |