Träume

 

von

 

Holger Kuhn

 

 

Der Traum:

 

Die Sonne warf ihr warmes Licht durch die Zweige der Bäume. Ich lag auf einer weichen Decke im Wald, am Rande einer lichtdurchflutenden Lichtung. Auf einer Ecke der Decke saß eine junge Frau, die mir den Rücken zuwandte. Sie hatte die langen schmutzig-blonden Locken zu einem Zopf zusammen gebunden, der ihr fast bis zum Hintern reichte. Jemand stand vor der Frau, der sich mit ihr unterhielt, den ich aber nicht sehen konnte. Ich hörte nur ihre Stimmen leise sprechen, eine männliche und eine weibliche Stimme sich unterhalten. Ich hatte das Gefühl sie sprachen über mich und eine alte, längst vergangene Liebe zu einander, die er noch nicht ganz abgehakt hatte. Sie versuchte dieser Person sehr eindringlich etwas klar zu machen, das diese aber partout nicht wahr haben wollte. Sie sprach für mich, fühlte ich. Währenddessen bewunderte ich ihre schlanke Gestalt, ihr freundliches Wesen, den ganzen Menschen. Obwohl ich sie nicht erkannte, hatte ich das Gefühl sie schon lange Zeit zu kennen. Plötzlich fühlte ich, dass ich viel für sie empfinde!!!

 

Schnitt.

 

Dämmerung.

Ich spaziere im Dämmerlicht alleine durch den Wald auf eine Kreuzung zu. Aus entgegengesetzter Richtung kommt mir eine Frau im Laufschritt entgegen. Keine Joggerin, sondern eine Spaziergängerin mit wehender Handtasche in schon gesetzterem Alter. Sie ruft mir zu, mich zu beeilen.

Plötzlich höre ich eine Durchsage per Lautsprecher:

„Letzter Aufruf! Der Park schließt in zwei Minuten. Bitte verlassen Sie unverzüglich den Wald!!!“

 

Ich schlendere noch einige Meter unbeeindruckt meines Weges, dann verfalle ich doch in einen leichten Trab, der sich in einen Sprint steigert. Die rennende Spaziergängerin kommt trotzdem vor mir am Tor an, an dem ein Wächter steht. Ich bin der Letzte der den Park, auch noch auf den letzten Drücker, verlässt und registriere, daß das Gelände mit einer Bahn Stacheldraht vor dem eigentlichen Zaun gesichert ist. Der Stacheldraht ist aber so niedrig ausgelegt, daß ich bequem darüber hinweg steigen kann, was dem Posten gar nicht gefällt.

Auf einem beleuchteten Parkplatz in der Nähe stehen noch einige Fahrzeuge.

 

Ende. Ich erwache!!!

 

Kurz Zeit nach diesem Traum hatte ich das Empfinden, ich käme im Leben gerade noch so aus irgendetwas, vielleicht einer heiklen Situation, heraus, bevor es wirklich zu spät ist und es kein Zurück mehr gibt. Nach dem Aufwachen spürte ich für wenige Minuten dieses tiefe Gefühl sehr stark, das mit der Zeit jedoch recht schnell verklang.

 

  

 

Die Deutung:

 

Da die Wissenschaft Träume in mehrere Arten aufspaltet, möchte ich an dieser Stelle zu aller erst einmal den Traum einer dieser Kategorien zu ordnen, da dies nicht ohne Belang für dessen korrekte Deutung oder Interpretation ist.

Ausgelöst wurde er durch eine intensive gedankliche Beschäftigung mit einer im Moment durchlebten Situation und den daraus resultierenden Emotionen in den vorangegangenen Tagen und Wochen. Den letzten Anstoß brachte ein Abendessen mit einem Paar, dessen Bindung zueinander ich nicht ganz nachvollziehen kann. Die Gründe warum ich dies nicht nachvollziehen kann, sind nicht der Gegenstand dieser kleinen Abhandlung.

 

Ich möchte diesen Traum in die Schublade der Warnträume einordnen.

Warum gerade in diese Schublade werden sie sich jetzt fragen? Nun, der Traum beschäftigt sich eindeutig mit einer Situation die ich im Moment gerade mit einer verheirateten Frau erlebe. Das Unterbewußtsein greift dieses Thema auf, weil mein Gehirn das Ganze noch nicht richtig eingeordnet und verarbeitet hat. Gleichzeitig will es mich davor warnen nicht zu viele Gefühle und Empfindungen in diese weibliche Person zu investieren, um psychisch unbeschadet aus diesem Tête-A-Tête wieder heraus zu kommen, da ihm wohl keine Zukunft beschieden ist.

 

Die für mich nicht erkennbare dritte Person, interpretiere ich als Ehemann der Frau, um die sich mein Traum dreht. Für mich ist dieser Mensch im Traum nicht erkennbar, da ich ihm in der Realität niemals über den Weg gelaufen bin, ihn nur aus den Schilderungen seiner Frau kenne..

Warum sie im Traum für mich spricht, liegt vielleicht noch in der Zukunft begründet.

 

In der Traumwelt bezeichnet blondes Haar Kälte. In diesem speziellen Fall interpretiere ich diesen Aspekt als Gefühlskälte.

Leider habe ich diese Frau als Luxusweibchen kennen gelernt, die nimmt aber nicht gibt. Materielle Sicherheit geht ihr über alles. Sollte eines schönen Tages, aus welchen Gründen auch immer, der angeheiratete Versorger ausfallen, würde sie keinen Moment zögern sich zu lösen, um einen neuen zu ehelichen. Daher glaube ich, sie wird mich, wenn überhaupt, nur wegen des Geldes favorisieren, mich aber nicht wegen meiner selbst lieben. Und davor habe ich Angst!

 

Die rennende Spaziergängerin im Wald kann eigentlich nur eine nahe Verwandte sein, die mich als einzige vor dieser Frau gewarnt hat. Nicht aus dem Wissen über diesen Charakterzug heraus, sondern wegen der Situation an sich.

Mit verheirateten Frauen lässt Mann sich nicht ein!

 

 

 

Der Traum könnte natürlich auch von anderen - äußeren - Umständen, wie einem vollen Magen zu später Stunde, zu fettem Essen, störenden Geräuschen während der Traumphase o. ä., beeinflußt worden sein. Leider lässt sich der Auslöser nicht einwandfrei zuordnen und o.g. Möglichkeiten müssen ebenfalls in Betracht gezogen werden. Bei der Annahme eines dieser Faktoren als Ursache des Traumes, käme diesem seine Bedeutung der Situationsverarbeitung völlig abhanden. Womit er seinen Sinn, nämlich den der Warnung des Träumenden, verlöre.

Fazit: alles reine Spekulation!!!

 

  

Copyright © Mai 2000 Holger Kuhn Dietesheimer Str. 400 63073 Offenbach